What a wonderful world



Vom Bras d’Or zum East Coast Trail

Der Urlaub begann mit einigen Hindernissen. In Boston bei der Zwischenlandung auf dem Weg nach Halifax hieß es: "Sorry, but your luggage is still in Amsterdam". Danach hieß es erst mal 2 Tage auf das Gepäck warten.

Halifax, die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia liegt an der Atlantikküste und zwar auf einer Halbinsel zwischen dem Northwest Arm und Halifax Harbour. Die Lage am Meer ist wichtig für die Stadt, ein großer Teil des Lebens spielt sich im Hafen ab. Von hier aus starten auch die Walbeobachtungstouren; wir waren an einem wunderschönen Abend auf einem Schoner draußen. Einen Wal haben wir zwar nicht gesehen, aber immerhin einen spielenden Seehund. Und die Fahrt hinaus auf das offene Meer war einfach hinreißend schön.

Hummer und Schalentiere sind die Spezialität der kanadischen Atlantikprovinzen und so klangen die Abende oft in Fischrestaurants aus. Nachdem unser Gepäck dann endlich geliefert wurde, ging es weiter mit dem Bus nach Norden. Eine ganz schön aufwendige Aktion mit zwei Faltbooten im Gepäck, zwei Rucksäcken und den Paddeln. Aber Bus- und Taxifahrer sind sehr freundlich und hilfsbereit. Nach 6 Stunden Busfahrt erreichten wir Baddeck am Nordufer des Bras d’Or, einem Binnensee mit Verbindung zum Atlantik. Das Seewasser ist zwar nur halb so salzig wie richtiges Meerwasser, aber es riecht fast genauso. In Baddeck angekommen stellte sich uns die Frage, wie kommen wir zum Campingplatz ? (Wir + 2 Faltboote + Paddel + 2 Rucksäcke) Der Campingplatz liegt 4,5 km außerhalb des Ortes und es gibt weder Bus noch Taxi. Ein freundlicher Angestellter der Irving Tankstelle hat uns schließlich zum Campingplatz gefahren, der direkt am See liegt. Am nächsten Tag war wunderschönes Wetter und beim Zusammenbauen der Faltboote hat sich Reinhold einen ziemlich heftigen Sonnenbrand geholt. Abends wollten wir eigentlich paddeln, aber inzwischen war Wind aufgekommen und der See wurde ziemlich rauh. Ein Versuch vom Ufer wegzupaddeln hätte fast im Wasser geendet und so verschoben wir die ersten Paddelschläge im Salzwasser auf den nächsten Tag und gingen statt dessen nach Baddeck.

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter gebessert und wir sind an der Küste entlanggepaddelt. Jede Bucht sieht anders aus, der See hat eine Menge unterschiedlicher Strömungen und es gibt eine ganze Reihe von Inseln.

Kein Bär aber...

"Komm raus, da sitzt ein Hase vor dem Zelt", waren Reinholds erste Worte, als er am nächsten Morgen aus dem Zelt gekrabbelt war. Ich dachte, er nimmt mich auf den Arm, aber es war wirklich ein hübsches kleines Häschen, das da sein Frühstück eingenommen hat. Nach 3 Tagen ging es weiter in Richtung Neufundland. Die Boote haben wir am Campingplatz am Bras d’Or zurückgelassen, um weniger tragen zu müssen. Und wie sich zeigen sollte, war das genau die richtige Entscheidung.

Die Fährüberfahrt von North Sydney nach Argentia dauert 14 Stunden. Das Essen auf der Fähre ist furchtbar und ziemlich teuer, man sollte also besser ein Lunchpaket mitnehmen.

Ankunft in Neufundland:

Über dem Fjord in Argentia hingen zarte Wolkenschleier und ich hatte das Gefühl: das wird einer der Tage, an denen Postkarten fotografiert werden!

Unser erster Besuch galt der Visitor Information in Argentia: Wo gibt es das Permit für die Avalon Wilderness Area? Es war uns nicht gelungen, das von Deutschland aus herauszubekommen. Das Permit gibt es in Whitburne, allerdings erst wieder am Montag, und heute ist Samstag. Was nun ? Wo ist es schöner, hier oder in Whitburne ? Dazwischen gibt es Fitzgeralds Pond Park.

Der Campingplatz liegt an einem 4 Kilometer langen See (Pond). Es werden Canadier vermietet und eine Paddeltour rund um den See und zur Insel in der Seemitte ist sehr empfehlenswert. Es gibt wahnsinnig viele Kaninchen in allen Größen, die in der Dämmerung zwischen den Zelten hin- und herhuschen. Außerdem gibt es jede Menge Eichhörnchen, Schwarzspechte und alle Arten von Vögeln.

Von Fitzgeralds Pond nach St. Johns

Vom Campingplatz aus ging es auf Umwegen nach St. Johns, in die Hauptstadt Neufundlands. Dort haben wir uns bei ‚The Outfitters‘ zuerst einmal aktuelle Karten vom East Cost Trail besorgt, d.h., wir durften die Karten mit in den nächsten Copyshop mitnehmen. Am nächsten Tag war es heiß und sehr windig. Viel zu heiß, um mit dem Trail zu starten. Also zuerst einmal den Rennie River Loop. Durch einen Fischervorort von St. Johns ging es in Richtung Signal Hill und von dort über die Berge nach Quidi Vidi. Das ist ein altes Fischerdorf an einem See mit Verbindung zum Meer. Hier gibt es eine kleine alte Brauerei – das Bier heißt 1892, das Jahr in dem St. Johns abgebrannt ist. Es war ein heißer Tag und wir machten im Pub am Hafen halt. Dort setzte sich Ron Pumphrey an unseren Tisch. Ein Schriftsteller, der nicht nur aussieht wie der alte Ernest Hemingway, sondern ihm auch ein bißchen ähnlich ist. Er schreibt Biografien über die Menschen in Labrador und auf Neufundland und er fährt in einem alten Fischkutter zur See. Und manchmal nimmt er Touristen mit hinaus und in die unterirdischen Meereshöhlen.

East Cost Trail

Nachts regnete es und es dauerte lange, bis es am nächsten Morgen aufklarte. Doch dann konnten wir endlich starten. Ein Taxi brachte uns zum Startpunkt des East Coast Trails bei Fort Amherst. Doch wir konnten den Einstieg nicht finden. Also fragten wir alle, die gerade vorbeikamen. Einer wußte es: Neben der Straße steht ein Schornstein, ein Relikt, vom Haus ist nichts übriggeblieben. Der Schornstein ist weiß angemalt, mit einem schwarzen Mann mit Paddel drauf. Von dort führt ein Pfad den Hang hinauf. Der Weg steigt steil durch einen Felssturz nach oben, vorbei an den Überresten einer Zisterne aus dem 2. Weltkrieg. Auf den ersten Kilometern kreuzen sich mehrere Wege und die Markierungen sind nicht immer eindeutig. So haben wir ein paar Mal falsche Abzweigungen erwischt und mussten wieder zurück. Jedoch sind die Beschreibungen so gut, dass man Fehler in aller Regel schnell bemerkt und korrigieren kann. Die ersten Kilometer waren ziemlich anstrengend, aber die Ausblicke über den Küstenstreifen hinab aufs offene Meer waren alle Mühen wert. Am späten Nachmittag kamen wir an einen See, der wohl von einer ganzen Biberfamilie aufgestaut wurde.

In der Nähe des Damms schlugen wir unser Zelt auf. Mitten im See lag eine riesige Biberburg, und wir haben den ganzen Abend darauf gewartet, dass die Familie schwimmen geht. Aber kein Familienmitglied ließ sich sehen. Nach dem Abendessen begann es sich einzutrüben und beim Schlafen gehen konnte man kaum noch 3 Meter weit sehen. Am nächsten Morgen war der Nebel verschwunden, das Wetter war zwar noch nicht richtig gut, aber wir beschlossen loszugehen. Zuerst kam die Überquerung des Biberdammes danach ging es wieder steil nach oben und dann über eine Hochebene. Manchmal abwärts, manchmal aufwärts dann wieder steil abwärts nach Freshwater, den Ruinen eines alten Fischerdorfes.

Weiter ging es durch eine Meeresbucht, auf einem Damm aus riesigen angeschwemmten Steinen. Auf dem Damm liegen viele Schiffswracks, die hier angeschwemmt wurden. Hier liegt ein Schornstein, dort Teile einer Schiffsschraube, weiter hinten große Deckplatten...Zwischen hier und St. Johns sollen noch 180 Schiffswracks auf dem Meeresboden liegen. Nach dem Damm ging es wieder aufwärts und in den Wald hinein. In der Nähe eines Bergbaches schlugen wir unser Zelt für diese Nacht auf. Über das winzige Bächlein führte sogar eine Holzbrücke (die erste auf diesem Trail). Weiter unten soll dieses Bächlein sogar einen Wasserfall nähren. Der nächste Morgen begann heiß. Schon beim Frühstück Schweißperlen auf der Nase (und das Ende August in einem Land, von dem ich dachte, es sei kalt) Weiter ging es über die Holzbrücke und durch den Wald. Oft konnte man auf die Küste sehen, nach Norden Richtung Fort Amherst. Endpunkt dieser Etappe ist Blackhead, ein kleines Fischerdorf. Von dort trampten wir nach St. Johns zurück. Nachdem wir uns ausgeruht hatten, starteten wir eine kleine Tour durch den Hafen. Dort konnten wir lesen, dass heute Finnwale und Delfine gesehen wurden. Wir haben leider keine Wale und auch keine Eisberge gesehen. Aber wir werden wiederkommen. Nicht nur wegen der Wale und Eisberge und nicht nur wegen der großartigen Landschaft. Sondern vor allem wegen der Menschen, ihrer Freundlichkeit und selbstverständlichen Hilfsbereitschaft, die es uns ermöglichte, einen wunderschönen Urlaub in diesem wunderschönen Land zu verbringen.

Zum zweiten Teil des Eastcoasttrails

 

Der Führer zum East Coast Trail

 


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© Annette Baur und Reinhold Strecker , Mai 2001